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Wie das Nervensystem auf Trauma reagiert

Das Nervensystem entwickelt verschiedene Überlebensreaktionen


Das Nervensystem hat mehrere evolutionär entstandene Schutzmechanismen, die aktiviert werden, wenn wir eine Bedrohung wahrnehmen:


  • Fight (Kampf)

  • Flight (Flucht)

  • Freeze (Erstarren)

  • Collapse (Zusammenbruch / Shutdown)

  • Please & Appease (Beschwichtigen / Fawn)

  • Attach / Cry for help (Suche nach Verbindung / Hilfe)


Diese Reaktionen sind nicht bewusst gewählt, sondern automatische, im autonomen Nervensystem verankerte Schutzprogramme.


Welche Reaktion entsteht, hängt von der „Neurozeption“ ab


Das Nervensystem scannt ständig unbewusst, ob eine Situation sicher oder gefährlich ist. Diese automatische Bewertung nennt man Neuroception (nach Stephen Porges).


Die Entscheidung läuft unbewusst:

  • Wenn der Körper meint, er könne kämpfen → Fight

  • Wenn er meint, er könne fliehen → Flight

  • Wenn weder Kampf noch Flucht möglich scheint → Freeze oder Collapse

  • Wenn der Körper soziale Signale noch nutzen kann → Bitte, Anpassung oder Verbindungssuche (Fawn / Attach)


Wichtig: Diese Einschätzung passiert vor dem bewussten Denken.


Warum diese Reaktionen sinnvoll (und ursprünglich gesund) sind:


  • Alle Trauma-Reaktionen sind Überlebensstrategien, nicht Fehlfunktionen.

  • Sie haben sich entwickelt, um uns in tatsächlichen Gefahren zu schützen.

  • Der Körper wählt die Reaktion, die unter dieser Bedingung am wahrscheinlichsten das Leben rettet.


Diese Reaktionen sind biologisch effizient und können Leben retten.



Was nach dem Trauma passiert


Wenn die Gefahr vorbei ist, können diese Schutzmechanismen chronisch werden, wenn das Nervensystem weiterhin Bedrohung wahrnimmt. Dann werden Fight, Flight, Freeze usw. im Alltag aktiviert, obwohl keine echte Gefahr besteht. Diese Reaktionen können in späteren Situationen „fehlangepasst“ wirken, obwohl sie ursprünglich sinnvoll waren.


Beispiel: Ein Mensch kann im sozialen Kontext weiterhin Fawn / Please & Appease zeigen, obwohl keine reale Bedrohung existiert.


Das bedeutet: Das Nervensystem reagiert so, als wäre das Trauma noch nicht vorbei.



Was therapeutisch wichtig ist


Es ist hilfreich, diese Reaktionen nicht pathologisierend, sondern als Schutz zu verstehen.

Therapeut:innen sollten den Menschen helfen zu erkennen, welche Überlebensreaktionen aktiv sind und warum sie entstanden sind. Der Fokus der Behandlung liegt darauf, dem Nervensystem neue Erfahrungen von Sicherheit zu ermöglichen. Dabei ist das soziale Engagement (ventral-vagales System) zentral — also: beruhigende Mimik, Stimme, Verbindung.


→ Durch sichere, regulierende Interaktion kann das Nervensystem „umlernen“.



Kurzfassung:

Das Nervensystem reagiert auf Trauma mit verschiedenen automatischen Schutzstrategien: Kampf, Flucht, Erstarren, Zusammenbruch, Beschwichtigen oder Verbindungssuche und wenn diese nach dem Ereignis nicht reguliert werden können, bleiben sie als Muster bestehen, bis neue sichere Erfahrungen das System umtrainieren.



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